Die ehrenamtlichen Schuldnerberater des Caritasverbandes Bruchsal bringen ihre Fachkompetenz, Zeit, soziale Einstellung und einen ganzheitlichen Ansatz in die Beratung von überschuldeten Menschen im nördlichen Landkreis Karlsruhe ein. Staronwerk, Bruchsal
"Es muss das erklärte Ziel einer Gesellschaft sein, Menschen dauerhaft aus einer überschuldeten Situation herauszuführen", so Österwinter, dem dieser soziale Beratungsaspekt sehr wichtig ist.
Ähnlich sehen es auch seine ehrenamtlichen Kollegen. "Die Menschen verlieren Selbstachtung und Lebensmut", berichtet Klaus Frey, der aus der betrieblichen Personalarbeit kommt und seit acht Jahren ehrenamtlich überschuldete Menschen berät. Er macht die Erfahrung, dass die Arbeit der ehrenamtlichen Schuldnerberater zunehmend auch von Seiten der Gläubiger anerkannt wird.
Auch im nördlichen Landkreis Karlsruhe sind immer mehr Menschen nicht mehr in der Lage ihre Rechnungen zu bezahlen. Das stellt auch die Leiterin der Ehrenamtlichen Schuldnerberatung des Caritasverbandes, Claudia Jacobs, fest. "Wenn Menschen in finanzielle Not geraten, brauchen sie - unabhängig von der Einkommenssituation - Unterstützung."
Gerade in dieser Woche, der bundesweiten Aktionswoche Schuldnerberatung, will der Caritasverband Bruchsal, der eine Schuldnerberatung mit Ehrenamtlichen seit 2009 als Zusatzangebot zur Schuldnerberatung des Landkreises anbietet, auf die Situation überschuldeter Menschen hinweisen.
Hauptursachen für die Überschuldung waren Arbeitslosigkeit, längerfristiges Niedrigeinkommen, gesundheitliche Probleme, Trennung oder Tod des Partners. Nicht selten entsteht ein Teufelskreis, den die Betroffenen oft ohne Begleitung nicht durchbrechen könnten.
In Bruchsal und Umgebung haben die acht ehrenamtlichen Schuldnerberater, die von zwei Hauptamtlichen begleitet werden, im Jahr 2016 knapp 100 Menschen entschuldet. "Hinter jedem Fall steckt sehr viel Zeit und Arbeit", so Bernd Gärtner, Bereichsleiter Jugend, Familie und Arbeit beim Caritasverband. "Die hochmotivierten Ehrenamtlichen leisten sehr viel, um mit einem ganzheitlichen Ansatz überschuldeten Menschen Hilfe zur Selbsthilfe zu ermöglichen."
Klaus Deitert, der seit vier Jahren ehrenamtlich berät, sieht auch die Hausbanken in der Pflicht wieder umfassend ihre Kunden zu beraten. Seine Kollegen Horst Klaus und Werner Österwinter wünschen sich ebenfalls eine intensivere Prüfung der Kreditfähigkeit durch die Banken und Konsumgeschäfte und sehen auch im Internethandel, Billigjobs und der Werbung eine Ursache für den Konsumrausch und die steigenden Fallzahlen.
Neben der Zunahme von Schuldnern mit Migrationshintergrund, gibt es auch eine Zunahme bei ehemaligen Straftätern. Doch auch hier ist Abhilfe möglich. "Schuldnerberatung und Schuldenregulierung könnten schon während der Haft beginnen", so Horst Klaus.
Aus ihrer Praxis-Erfahrung befürworten die ehrenamtlichen Schuldnerberater in Bruchsal zum Beispiel auch, dass Strom abschalten verboten und durch eine Prepaid-Lösung wie bei Handys ersetzt wird. "Auch bei uns kommt es vor, dass sogar ein Schwerbehinderter erst dann wieder Strom bekommt, wenn der letzte Cent bezahlt ist", erzählt Klaus Frey. "Im aktuellen Fall, den wir betreuen, kann das Jahre dauern und das heißt dann kein warmes Wasser, kein Licht, kein Kühlschrank und auch keine Verbindung nach außen, denn ohne Strom lässt sich nicht einmal ein Handy laden."
Rückblickend stellt er mit Claudia Jacobs fest, dass die ehrenamtliche Schuldnerberatung eine gute Ergänzung zur Schuldnerberatung des Landkreises ist. Ehrenamtliche bringen sehr viel Lebenserfahrung aus verschiedenen Berufen in die Beratung mit und sind auch nicht an die üblichen Bürozeiten gebunden, da sie ihre Einsätze selbst koordinieren. "Unsere Beratung ist kostenlos, wir unterstützen im laufenden Entschuldungsprozess und bieten Hilfe zur wirtschaftlichen Haushaltsführung", so Horst Klaus.
Dabei stehe immer der Mensch im Vordergrund, so Claudia Jacobs. Manchmal ist die Entschuldung erst möglich, wenn der Betroffene seine Struktur ändert und dann mit einem ganzheitlichen, sozialen Lösungsansatz der Neubeginn mit Hilfe der Ehrenamtlichen begleitet wird.